Achtzeiler

Grablicht & das eintausendneunhundertachtundzwanzigste Gedicht

Grabstätte vom alten Nordfriedhof Maxvorstadt

Am Anfängerhügel

Ihr solltet das Hängen üben!
Denn was folgt nach erfolgreichem Schrei'n?
Lasst roll'n eurer Gegnerschafts Rüben!
Dass das Wort einer Tat rasch voraus prescht, mag sein -
Deshalb müsst ihr sie üben, die Aufhängerei -
Zieht den Strang nicht zurück, sondern fest!
Studiert unbeirrte Gefolgstyrannei
Zunächst an euch selbst mal - zum Test!

Spielfeld & das eintausendneunhundertsiebenundzwanzigste Gedicht

Fußballfeld an der Straße der Kasbahs

Die Hüpfburgschlitzer

Wir hielten die Luft an vor Staunen
Und sind glatt darunter erstickt -
Solch muntere Unfälle zeigen: Die Launen,
Nach denen die Welt tickt.

Ein gnädiger Wind ordnet unsre Kaldaunen -
Dass niemand die Milz hier vergisst.
Die Welt hält die Luft an vor Staunen,
Hat uns schon (fast) vermisst.

Nachtsonne & das eintausendneunhundertdreiundzwanzigste Gedicht

Sahara Dünen bei Erg Chebbi

Novembersonne

Im Herbst schaut die Sonne nur brummelnd herunter:
"Ick komm heut nur wegen dem Licht!"
Schon geht sie im Rücken der Häuserwand unter -
Die scheint mir jetzt doppelt so dicht.

Die Häppchen bemüh'n sich den Fakt auszublenden:
Der Hauptgang fällt weiterhin aus!
Die Startformation ist schon ready zu wenden -
Im Schlepptau verebbt ihr Applaus.

Indigo & das eintausendneunhundertachtzehnte Gedicht

In der Medina von Chefchaouen

Indigo

Blau ist eine stille Farbe,
wie ein klarer Höhlensee.
Violett ihr zarter Knabe,
Doch voll Ungestüm in spe.

Indigo will im Vermitteln
Weiter in die Tiefe geh'n -
Mit der Kraft von je zwei Dritteln
Sich ins letzte endlos dehn'.

Verfängliches & das eintausendneunhundertfünfzehnte Gedicht

Schmuck eines Gartenrestaurants in Rabat

Im Dazwitscher

Wie zum heimlichen Atemholen
Säuselt die Ruhe vorm Wind,
Streift durch die Fellhärchen schlachtreifer Fohlen,
In denen der Blutstrom gerinnt ...

Und wieder einmal stürzt sich wild dein Vertrauen
Voller Maßlosigkeit aufs Buffet!
Und schon wenig später, darauf darfst du bauen,
Tut's nochmal und doppelt so weh.

Überragendes & das eintausendneunhundertdreizehnte Gedicht

Moschee von Cassablanca

Spätausläufer der Romantik

Es tippelt grad die Schäferdichtung
Für jenes Stündchen ein
Und lenkt per Zippelei‘n
Dein Schnürrchen gen my Schläfenrichtung.

Zu gern bemüht man Willensschwäche
Als Opfer der romance,
Verbittet sich comments
Und senkt sich auf die Chilloutfläche.

Auf der Straße der Kasbahs & das eintausendneunhundertelfte Gedicht

Auf der Straße der Kasbahs

Wortbrüchig

Das Komma nimmt am Eingang Platz,
Wo das Geschwafel tagt.
Ich spreche einen halben Satz
Und alles ist gesagt.

Die Ruhe steht nicht im Vertrag -
Sie schlupft in Horizonte.
Wo sie im Weitaus mehr vermag,
Als mein Wort halten konnte.

Abendrot über Skoura & das eintausendneunhundertsiebte Gedicht

Abendhimmel über der Straße der Kasbahs

Meinen verlorenen Gedichten (zum Verlust meines Notizbuchs in Marrakesch)

Ach, immer wieder verlier ich Gedichte,
Die liederlich ich mir notiert!
Meine Unterbelichtung macht munter zunichte,
Was ich zuvor ellenlang elaboriert.

Dort blieb ein Notizbuch, da brannte ein Blatt ...
Zwar fand ich genug Neues an ihrer statt -
Doch würd so gern mal das Verlorene lesen,
Das beinah ein Teil meines Werkes gewesen.

Fés & das eintausendneunhundertsechste Gedicht

Blick auf die Médina von Fez

Weg der Erkenntnis

Und immer wanken Topographen
Den Wirrwarr‘n hoffnungshinterher.
Entwürfe, die sie schon verwarfen,
Zerknüllen ihr Erkenntnismeer.
„Aber Wasser ist nicht faltbar!“,
Tönt es trotzigneunmalklug -
Um Schlag Acht ist nicht haltbar
Der Versuche Neuversuch.

Schlossturm Grünwald & das eintausendneunhundertfünfte Gedicht

Blick vom Grünwalder Schlossturm

Fanvagabunden

Dem gefallenen Stern
Würd' ich allzu gern
Ein apartes Plumeau unterschieben,
Um Sturzwundenkummer zu trösten
Mit erles'nen Stickereien -
Da der Welten Zickereien
So infam entblößten,
Wie mitleidsarm Jünger entlieben.

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